Horizont 36-37/2023

20Dossier Media & Planung

HORIZONT № 36-37

Petra Hofstätter und Katharina Fröhlich, Vorstandsvorsitzende des Forum Media Planung, im Interview über mannigfaltige Herausforderungen der Branche, den Wandel der Medienlandschaft und das Potenzial von KI. ‚Die Entwicklungen rund um KI und Automatisierung nehmen Fahrt auf‘

möglichkeiten vorstellen zu können. Da es sich hierbei um eine Entwick lung handelt, die die Branche nach haltig verändern wird, hat es durch aus Sinn sich umfassend mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wie sehr betrifft der War of Talents die Branche? Der Fachkräftemangel macht auch vor der Mediabranche nicht halt, auch wenn er aufgrund der Heraus forderungen der aktuellen Wirt schaftslage manchmal etwas in den Hintergrund gerät. Fakt ist allerdings: Wir brauchen (Nachwuchs-)Talente, die sich für die Branche begeistern und Innovationen vorantreiben wol len. Das unterstützen wir als FMP tat kräftig. Wir wollen der jungen Gene ration eine Bühne bieten und den Austausch zwischen Personen unter schiedlicher Karrierestufen fördern. Damit auch erfahrene Media-Exper tinnen und -Experten von ihren jun gen Kolleginnen und Kollegen lernen können, planen wir im Herbst unter anderem eine eigene TALK-Veranstal tung gemeinsam mit Branchen-New comerinnen und -Newcomer. Zum einen werden uns die technolo gischen Entwicklungen im Bereich Automatisierung und Künstliche In telligenz weiterhin beschäftigen. Zum anderen wird das große Thema Nach haltigkeit unsere Arbeit sicher sehr stark prägen. Aber auch mit der „New Work“ Bewegung wird sich die Bran che weiterhin auseinandersetzen müssen, um langfristig attraktiv zu bleiben. • Welche Trends werden die Media planung in Zukunft prägen?

rung aktuell in der Mediaplanung? Beide Themen bieten enormes Poten zial für Mediaagenturen. Gerade was KI betrifft, gibt es bereits viele Ideen und Projekte, die in den Startlöchern stehen und großen Mehrwert verspre chen. Allerdings herrscht stellenweise noch viel Klärungsbedarf, vor allem im rechtlichen Bereich. Hinsichtlich Au tomatisierung ist man schon etwas weiter, da sich der Mehrwert bereits in der Umsetzung zahlreicher Projekte gezeigt hat und auch Agenturprozesse dank Automatisierung effizienter ge worden sind. Beide Entwicklungen haben jedoch eines gemeinsam: Sie brauchen Menschen, die sie sinnvoll einsetzen und nutzen können. Wie gut sind die heimischen Agenturen und Medien auf diese Entwicklung vorbereitet – und wo gibt es Aufholbedarf? Es scheint, als könnte es bei technolo gischen Entwicklungen nie schnell genug gehen. Die Erwartungshaltung aller Beteiligten rasch Lösungen zu präsentieren ist immer hoch. Gerade wenn es um KI geht sind Agenturen derzeit stark mit sich selbst beschäf tigt, um alsbald sinnvolle Einsatz

Interview von Sandra Wobrazek

Petra Hofstätter (li.) und Katharina Fröhlich leiten das Forum Media Planung: ‚Nachhaltigkeit wird unsere Arbeit stark prägen.‘ © Katharina Schiffl

Horizont: Was sind aktuell die größten Herausforderungen in der Medienbranche bzw. Werbebranche? PETRA HOFSTÄTTER & KATHARINA FRÖHLICH: Die Bran che ist mit vielen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und technologi schen Herausforderungen konfron tiert. So spielt unter anderem die In flation derzeit eine wesentliche Rolle. Die Agenturen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Kundinnen und Kunden, die ihre Budgets beson ders genau evaluieren und Medien partnerinnen und -partner, die auf grund der Teuerung ihre Preise entsprechend anpassen. Zeitgleich gibt es einen Wandel in der Medien landschaft. Während die Nutzung klassischer Massenmedien sinkt, sor gen immer mehr neue (digitale) Play er für einen stark frequentierten Markt. Auch die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz und Auto matisierung nehmen Fahrt auf. Hier braucht es Spezialistinnen und Spezi alisten, um diese Technologien sinn voll umzusetzen.

Was ist die Rolle des Forum Media Planung in diesem Prozess? Wir bieten eine lebendige Austausch plattform auf der Branchen- und Me diathemen neu beleuchtet werden. So wollen wir frischen Input liefern und neue Wege aufzeigen. Im Zuge dessen gehen wir verstärkt in den Austausch mit unseren Mitgliedern, denn nur so können wir auf ihre Bedürfnisse – und somit auf die Bedürfnisse der Branche – eingehen. Ziel ist es, das Thema „Me dia“ noch attraktiver zu machen und dessen Bedeutung für die Gesamtwirt schaft klar herauszustreichen.

Wie gehen die Agenturen mit dieser steigenden Komplexität in der Branche um? Gerade im digitalen Bereich sehen wir eine zunehmende Flut an Kanälen und Botschaften. Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit ist so groß wie nie. Die Medianut zung wird immer selektiver, vor al lem bei jungen Zielgruppen. All das führt dazu, dass die Mediaplanung immer kleinteiliger und komplexer wird. Umso wichtiger ist es, dass Agenturen gemeinsam mit ihren Kundinnen und Kunden klare Ziele, den konkreten Nutzen für die Zielgruppe und sinnvolle KPIs her ausarbeiten.

Welche Bedeutung haben Künst liche Intelligenz und Automatisie

Beim alpinen Werbevermarkter hat eine neue Generation übernommen. Franz Xaver Gruber und Aude Garnier über Klimakrise und Werbebotschaften in Höhenlagen. OOH extrem: Wie Sitour die Bergwelt vermarktet

Geboren aus Pistenleitsystemen haben sich die Werbeflächen von Sitour in den vergangenen Jahrzehnten modernisiert und digitalisiert. © sitour marketing

optimistisch. Das Skifahren wird wei ter zur DNA der Österreicher und da mit unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor bleiben.“ Aber er gesteht indirekt auch ein: „Die Sommersaison wird ein künftiger Schwerpunkt sein, dort entwickelt sich Wachstum für unsere Kunden und uns.“ ,Die Natur als wichtigstes Gut‘ Das in Ostösterreich angekratzte Image der Tiroler Seilbahnwirtschaft – man denke an die polternden Auf tritte des Seilbahnunternehmers, Lobbyisten und ÖVP-Nationalrats abgeordneten Franz Hörl – will Gru ber nicht wirklich bestätigen, er mahnt aber auch die eigene Verant wortung ein: „Das Image der Seil bahnen mag ein wenig angekratzt sein, aber wir stehen für das Erlebnis am Berg ein und werden mithelfen, gegen Vorurteile anzukämpfen. Die öffentliche Debatte darüber bildet wie immer nur einen Teil der Wirk lichkeit ab, wir können nichts Nega tives an unserer Arbeit entdecken. Die Menschen genießen und schät zen das Bergerlebnis. Und wir wis sen, dass die Natur unser wichtigstes Gut ist, mit dem wir sorgsam umge hen müssen.“ •

Als direkte Konkurrenz zu anderen OOH-Vermarktern sieht man sich bei Sitour nicht – und will auch nicht in andere Felder expandieren. Garnier bringt es so auf den Punkt: „Wir sind am Berg, wir sind anders, wir sind eine feine Ergänzung und der Teil von OOH, der das Paket abrundet, quasi ein feiner Gipfelgruß.“ Erste Schritte in die Digitalisie rung, inklusive Programmatic Adver tising-Angeboten, hat man bereits unternommen. So ist die Sitour auch am Betreiber der iSki-App beteiligt, laut Eigenangaben „die größte digita le Plattform für Skifahrer überhaupt“. Diese bietet neben Infos und Pisten tracking auch Fun-Funktionen an – eine Art „Tinder für Skifahrer“, so ein internes Bonmot. Und wie gehen die beiden Ver markter – Gruber ist bei der Sitour für die Seilbahnwirtschaft zuständig, Garnier leitet die Vermarktungsspar te – mit den Bildern von weißen Schneebändern auf grünen Wiesen um, wie mit der Kritik am Massentou rismus und der Klimakrise, die die Gletscher schmelzen lässt? Gruber dazu: „In Bezug auf den Klimawandel und die Diskussion um die Zukunft der Skigebiete bleiben wir jedenfalls

In rund 1.000 Destinationen in neun Ländern und auf drei Kontinen ten gewähre man den Pistenkomfort und die Sicherheit von rund 300 Mil lionen Sommer- und Winter sportler:innen – und bespielt sie mit Werbung, lokaler wie internationaler. ,Ein Gipfelgruß‘ Der Vermarktungs-USP ist laut Ge schäftsführungskollegin Aude Gar nier mit jenem herkömmlicher OOH Flächen nicht zu vergleichen: „Unsere Werbebotschaften holen die Men schen in einer entspannten Situation in einem positiven Umfeld ab, ent sprechend hoch ist auch die Aufnah mefähigkeit von Werbebotschaften. Wir sind am Berg und im alpinen Be reich, also dort, wo sich der und die Österreicherin sich und zusätzlich Millionen von unseren Gästen wohl fühlen.“ Dazu komme, so die gebürtige Französin und langjährige Sitour-Ma nagerin, eine neue Einstellung zum Naturerlebnis: „Vielen ist während der Pandemie bewusst geworden, wie wichtig der Naturraum ist. Dieses Be wusstsein kommt uns nun zugute. Vie le Menschen haben die Berge wieder neu für sich entdeckt.“

Gründer des Unternehmens und Vor reiter bei Pistenleit-, Sicherheits- und Informationssystemen am Berg. So weit ist die Geschichte bekannt. Der Pionier und Firmenpatriarch hat sich mittlerweile auch aus seinem Unternehmensimperium zurückge zogen, neben Sohn und Feratel-CEO Markus haben bei der Sitour Marke ting, die die Werbeflächen im alpinen Bereich vermarktet, Franz Xaver Gru ber und Aude Garnier als Geschäfts führer übernommen. Ihre Aufgabe: den Vermarkter ins digitale Zeital ter führen. Gruber, früherer ÖVP-Politiker in Tirol, formuliert gegenüber HORIZONTwie folgt: „Wir sind

Bericht von Martin Wurnitsch

W erbebotschaften über 3.000 Meter Seehöhe zu vermitteln, manchmal bei Sturm, Schneefall und extremer Kälte? Keine leichte Aufgabe für einen Werbevermarkter. Die Si tour Marketing, ansässig in Rum bei Innsbruck und Tochtergesellschaft von Feratel, hat diese Nische gefun den – oder besser erfunden. Peter Schröcksnadel, bis 2021 omnipräsen ter Präsident des Österreichi schen Skiverbandes, war

Aude Garnier und Franz Xaver Gruber © sitour marketing

Anbieter von techni schen Systemen, aber vor allem OOH-Un ternehmen. Heute

sind wir multime dial und stark in Richtung Digi talisierung un terwegs, so wohl was die Sicherheits- und

Informationssyste me, als auch die Wer bung betrifft.“

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