Traveller 14/2020
Interview
ausschließen kannmanCoronafälle aber den- noch nicht. Wie sieht der Ablauf für den Rei- senden aus? Mit der Testpflicht für die Passagieremöchtenwir einen weiteren Schritt zur Risikominimierung gehen. Bei der Crew ist dies bereits ein etablierter Prozess. Die Crew wird getestet und absolviert eine Einzelisolation, bevor sie ihren Dienst an Bord beginnt. UnsereGäste haben dieMöglichkeit, vor Beginn der Reise in denHelios Kliniken einen PCR Test zu absolvieren, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Die Gäste haben auch dieMög- lichkeit, diesen Test individuell beim Hausarzt durchzuführen. Die Kosten sind im Reisepreis enthalten. Für Gäste aus Österreich und der Schweiz, die keinen Zugang zu einer Helios Klinik haben, übernimmt Hapag-Lloyd Cruises die Kos- ten des individuellen Tests beim Hausarzt. Wie stellt sich das Szenario für den Passagier imFalle eines positivenErgebnisses dar –muss er in Quarantäne, wenn ja wo und wer über- nimmt diese Kosten? ImFalle eines positivenTestswirdder Gast vor An- reisevonderKlinikoderdemArztdirektkontaktiert. EineMitreiseistnichtmöglich.WirbietendemGast eine Umbuchung auf eine spätere Reise an. Bei einem Verdachtsfall an Bord wird die Person umgehend in einer dafür vorgesehenen Balkon- kabine isoliert, das gilt auch für alle Personen, die näheren Kontakt zu der Person hatten. Das sind meist die individuellen Mitreisenden. Ein Test kann an Bord absolviert und ausgewertet werden. Wir arbeitenmit einemmedizinischenDienstleis- ter, der in diesen Fällen bei Bedarf die Versorgung an Land und ggf. die Rückführung zumHeimatort übernimmt. Das Image der Kreuzfahrtindustrie hat im Zuge der Klima- und Umweltdebatte in den letzten Jahren einen Kratzer bekommen. Wie groß ist Ihre Sorge, dass diese Delle durch die Corona Pandemie größer wird? Oder anders gefragt: Glauben Sie, ist derMensch, der Kun- de, mittlerweile sensibilisiert genug, um zu wissen, dass, ob an Bord eines Schiffes, eines Flugzeuges, imHotel oder zuHause imSuper- markt eine Ansteckung immermöglich ist und es immer den Hausverstand braucht? Menschen gehenmit der aktuellen Situation sehr unterschiedlich um. Unsere Gäste, die überwie- gendmit einemAnteil von 60%Stammgäste sind, Wie sieht das Szenario anBord aus, falls es im Laufe der Reise zu einem Coronafall kommt?
Steht zu befürchten, dass die Erholung und Gesundung des Kreuzfahrtensegments zulas- tenvonUmwelt- und Nachhaltigkeitsstrategien geht? Die Kreuzfahrtbranche hat sich stetige und lang- fristige Ziele in der Nachhaltigkeit gesetzt. Alle Neubauten werdenmit modernster Technik aus- gestattet und sind somit umweltfreundlicher. Für uns ist Nachhaltigkeit eine feste Säule un- seres Produktes. Das hat sich auch in der aktu- ellen Situation nicht verändert. Wir verzichten freiwillig auf den Einsatz von Schweröl und können mit Marine-Gasöl die Emissionen um 80 % deutlich reduzieren. Das sehen wir als In- vestition in die Zukunft. Die Zwangspause haben wir dafür genutzt, umdie Testphase der EUROPA 2 für die Verwendung von Landstrom abzuschlie- ßen. Damit ist die EUROPA 2 das erste Schiff, das mehr als 30 Tage imHamburger Hafen Land- strom bezogen hat und klimaneutral betrieben wurde. Die CoronaKrise zeigtmit den vielen verschie- denen Reisebeschränkungen, dass die EU von einemgemeinsamenWegweit entfernt ist. Ge- rade im Reisebereich braucht es aber drin- gendst eine gemeinsame Handlungsweise. Warum funktioniert das gemeinsame (Reise) Europa nicht? Die Entwicklung ist sehr dynamisch und regional sehr unterschiedlich. Wünschenswert wäre, wenn Reisewarnungen nicht pauschal, sondern engma- schiger betrachtet und regional ausgesprochen werden. Dies würde für die Touristik aber auch für die Kunden mehr Sicherheit mitbringen. Hat die Coronakrise am Joint Venture – Royal Caribbeanübernimmt über das Joint Venture TUI Cruises der TUI AGund Royal Caribbean Cruises Ltd. die bislang hundertprozentige TUI-Tochter Hapag-Lloyd Cruises – etwas ge- ändert? ImRahmen des imSommer abgeschlossenen Joint Ventures bleibt die Marke Hapag-Lloyd Cruises weiterhin eigenständig und behält ihre Einzigar- tigkeit. Für unsere Kunden und Vertriebspartner ändert sich dadurch nichts. Sie finden weiterhin die gleiche hochgeschätzte Qualität an Land und Bord wieder. Wie sehen hier die Pläne von Hapag-Lloyd Cruises aus?
bringen uns großes Vertrauen entgegen. Wir gehen mit diesemVertrauen sehr verantwortungsbewusst um und das erkennen die Gäste. Einwesentlicher Bausteinbis zu einer Impfung ist dieDisziplinundAkzeptanz der Gäste. Wie diszipliniert sind die Gäste an Bord? Die Gäste an Bord sind äußerst diszipliniert und schützen sich selbst und andere. An Bord gibt es viele Möglichkeiten, um Rückzugsräume in An- spruch zu nehmen, man kann mit Abstand die Reise ungehindert genießen. Es wird nach den Reiseeinschränkungen wieder einen großen Nachholbedarf geben. Wir sehen das bereits jetzt an den guten Buchungszahlen für die Saison 2021/22. Wird „weniger das neue mehr“? Hat das Lu- xussegment und damit Hapag-Lloyd Cruises mit der kleinen, feinen Flotte einen Vorteil? Für uns und generell für die gesamte Touristik wird entscheidend sein, wie sich die Reiseziele entwickeln. Das ist für uns alle ein wichtiges Gut und für denGast einwichtiges Entscheidungskri- terium. Welche Konsequenzen ziehen Sie für Hapag- LloydCruises aus der Krise?Wie langewird es aus Ihrer Sicht brauchen, um das Vor-Coro- naniveau wieder zu erreichen? Wir fahren derzeit mit einer reduzierten Flotte und reduzierter Passagierzahl, sind aber zuver- sichtlich, wieder sukzessive mehr Fahrtgebiete aufnehmen zu können und damit auchmit mehr Schiffen Reisen anzubieten. Dies hängt natürlich von den weltweiten Entwicklungen ab. Die Preise sind derzeit stabil. Im Luxussegment sehen wir für eine Veränderung derzeit auch kei- nen Anlass. Wie schätzen Sie die Entwicklung vor allem in Anbetracht der Tatsache ein, dass viele Unter- nehmen Insolvenz anmelden müssen, Men- schenden Job verlieren oder durchKurzarbeit weniger verdienen? Der Luxusbereich ist von den wirtschaftlichen Entwicklungenweniger in der unmittelbarenKauf- kraft betroffen. Könnte die Coronakrise den Boomder Kreuz- fahrten nachhaltig bremsen? Müssen Kreuzfahrten teurer werden?
Der traveller bedankt sich für das ausführliche Gespräch und wünscht allzeit gute Fahrt! bc
14 | 2020
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