Horizont 36-37/2023
15 International
15. September 2023
Verleger vom Fach
Klaus Kottmeier prägte die dfv Mediengruppe, Eigentümerin des Manstein Verlags, über Jahrzehnte. Jetzt wird er 90.
deln, verlegerisch agieren. Er zahlte das Vertrauen durch Erfolg zurück. Eine Beziehung zwischen Eigentü mern und Management, wie sie auch in der mittelständischen Wirtschaft nicht häufig vorkommt. Kottmeier seinerseits gab das Ver trauen weiter: an Peter Ruß, seinen langjährigen Kompagnon in der Un ternehmensführung, den Mann der Zahlen, der Kottmeiers verlegerische Pläne auf ein solides betriebswirt schaftliches Fundament stellte. An Geschäftsführer, Verlagsleiter und Chefredakteure, denen er Spielraum für jene selbstständige Führung ge währte, die er selbst einst suchte. Und an die Mitarbeiterinnen und Mitar beiter des Hauses. Sie erlebten ihn als nahbaren Chef, der Autorität und menschliche Wärme zugleich aus strahlte. Respekt und Wertschätzung gegenüber der eigenen Belegschaft sind Werte, die in Zeiten des Fach kräftemangels (wieder) hoch gehan delt werden. Kottmeier hat sie ganz selbstverständlich in der DNA der dfv Mediengruppe verankert. Noch eine Tradition, die im 21. Jahrhundert wieder entdeckt wird: Kottmeiers Unternehmertum ist „en kelfähig“, nachhaltig im besten Sinne. Er setzte auch auf externes Wachs tum, warb um Titel, die in anderen Verlagen keine Zukunft mehr hatten. Aber er war nie ein Portfolio-Mana ger, der mit Verlagen und Medien jon glierte. Seine Investitionsstrategie zielte auf langfristiges Wachstum, nicht auf den schnellen Exit, über haupt nicht auf den Exit. Einen Titel verkauft hat er in seiner ganzen Karri ere nicht. Kein Wunder, dass er auch dreiein halb Jahre nach seinem Rückzug ins Private höchstes Ansehen genießt: auf den Fluren und in den Büros seiner Mediengruppe, in der Branche, die er prägte, unter Zeitzeugen und bei den nachwachsenden Generationen. Am 16. September wird Klaus Kottmeier 90. Herzlichen Glückwunsch! •
und Verlagsleiter sollten nah an ih rem jeweiligen Markt sein, die Ent scheidungsträger kennen und ihnen auf Augenhöhe begegnen. Historische Umbrüche hat Kott meier in den vier Jahrzehnten bei der dfv Mediengruppe erlebt, ihre Folgen mitgestaltet. Die deutsche Einheit zum Beispiel, die er persönlich und politisch als Glück empfand, die aller dings wirtschaftlich nicht hielt, was sie versprach: Die Titel des Verlages profitierten zwar durch höhere Aufla gen, aber alles in allem zeigte sich, dass die Kapazitäten der alten Bun desrepublik ausreichten, um auch den neuen Markt im Osten mit Fach informationen zu bedienen. Neue Büros in Leipzig und Berlin, die in der Euphorie des Aufbruchs eröffnet wur den, brauchte man bald schon nicht mehr. Ein ganz anderer Umbruch: das Internet. Schon Anfang der 90er Jahre machte Kottmeier auf einem Verle gerkongress in Orlando seltsame Er fahrungen: „Da redeten Männer in Hawaii-Hosen über das Internet.“ In Deutschland sprach man noch über BTX, den Bildschirmtext, und das Pri vatfernsehen. Kottmeier spürte die Zeitenwende, begriff sie als Chance, gründete gleich mal eine Tochterge sellschaft und öffnete die dfv-Medien frühzeitig für den Online-Journalis mus. Die Transformation des traditi onellen Verlagsgeschäfts in das digi tale Zeitalter blieb ihm als zentrale Management-Aufgabe über die Jahre erhalten. Es gibt noch ein anderes Geheim nis seines Erfolges: Vertrauen. Zum einen das ganz und gar nicht selbst verständliche, beinahe uneinge schränkte Vertrauen, das die Gesell schafterfamilie Lorch, seit 1999 repräsentiert durch den Hauptgesell schafter Andreas Lorch, Kottmeier entgegenbrachte. Der Geschäftsfüh rer konnte über die Jahre und Jahr zehnte nicht nur selbstständig führen, sondern auch unternehmerisch han
Bericht von Uwe Vorkötter A ls Klaus Kottmeier sich 1969 auf eine Stellenanzeige des Deutschen Fachverlages in der FAZ bewarb, waren es vor allem zwei Worte, die ihn an der Ausschreibung reizten: „Selbständige Führung“. Gesucht wurde der Verlags leiter einer Tochtergesellschaft in Berlin, die mehrere Textilzeitschriften herausgab. Kottmeier lernte den Ver leger Peter Lorch kennen und spürte, dass der es ernst meinte: Lorch such te einen Macher. Kottmeier wollte gestalten. Der Fachverlag von damals hatte mit dem Medienhaus von heute we nig gemein. Die Textilzeitschriften, für die Kottmeier die Verantwortung übernahm, erschienen noch unab hängig von der TextilWirtschaft , dem Gründungstitel des Frankfurter Verla ges. Die Lebensmittel Zeitung , heute das Flaggschiff der ansehnlichen dfv Flotte, kämpfte mehr schlecht als recht gegen zwei Konkurrenten, Auf lage und Umfang waren bescheiden. Kottmeier hatte zuvor mit der Tex tilbranche nichts zu tun gehabt, eben so wenig mit Lebensmitteln. Aber in den Medien war er bereits Profi. Beim Weser-Kurier in Bremen hatte er als Jurist angefangen und war zum Pro kuristen aufgestiegen. Man darf unterstellen, dass die Ta lente des jungen Kottmeier der Ge sellschafterfamilie schnell ins Auge fielen. Er wechselte von Berlin nach Frankfurt, übernahm zusätzliche Ver antwortung und wurde 1976 Ge schäftsführer des Deutschen Fachver lages. Dass hier einer zügig auf der Karriereleiter nach oben stieg, war offensichtlich. Dass Kottmeier das Unternehmen in den nächsten sage und schreibe 40 Jahren prägen würde, konnte damals allerdings niemand wissen. Erst recht nicht, dass der Mann, der sich sieben Jahre zuvor auf die Stellenanzeige beworben hatte, nicht nur ein exzellenter Verlagsma
Am 16. September wird Klaus Kottmeier 90 Jahre alt. © Thomas Fedra
Branchen, in denen er in neue Titel investierte, dazu passte die Fleisch Wirtschaft, später die Agrarzeitung. 1986 konnte er HORIZONT überneh men, damals eine Lizenzausgabe der amerikanischen Ad Age. Die Reise branche, Immobilien, die Euro Fi nance Group ... Als Kottmeier Ende 2019 aus dem Aufsichtsrat ausschied, hinterließ er seinen Nachfolgern eine Unternehmensgruppe, die fast 100 Medienmarken verlegte, mehr als 140 Millionen Euro Umsatz erzielte und 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigte. Das Geheimnis seines Erfolgs? „Al lem voran eine ausgezeichnete Re daktion“, antwortet Kottmeier auf die se Frage, „weitaus besser als die Konkurrenz“ müsse man sein. Und neben dem professionellen Journalis mus eine exzellente Vermarktung, zielgruppengerechtes Marketing mit Blick für die Details. Geschäftsführer
nager war, sondern dass er auch zum Verleger heranwachsen würde. Ein Verleger von Rang. Die Kollegen des Fachmediums Kress haben Klaus Kottmeier kürzlich für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Vor ihm haben Dirk Ippen, Dieter von Holtzbrinck und Friede Springer die sen Award erhalten. Und, ja, in diese Reihe gehört er. Sein Lebenswerk, das ist der Aufstieg des einstigen Deut schen Fachverlags, heute dfv Medien gruppe, zu einem der führenden Business-Medienhäuser in Deutsch land und Europa. Nach wie vor mit telständisch geprägt, unabhängig von Konzernen, ein publizistisches Haus, wirtschaftlich erfolgreich. Als Geschäftsführer, später als Auf sichtsratsvorsitzender, verordnete Kottmeier dem Unternehmen eine konsequente, bisweilen rastlos wir kende Expansionsstrategie. Handel, Gastronomie, Food waren anfangs die
Bezahlte Anzeige
Prompt Engineering – Das Ende der Agenturen, wie wir sie kennen?
uns Agenturen. Vielmehr kann sie als Werkzeug dienen, um unser Leistungs spektrum zu erweitern und beschleuni gen. Indem wir menschliche Kreativität, Fachwissen und emotionale Intelligenz mit der Präzision und Effizienz von KI kombinieren, können wir eine neue Ära der Kreativität und Kommunikation gestalten – eine Ära, die das Beste aus beiden Welten vereint. Auf das freue ich mich persönlich!
bare Elemente bei der Gestaltung von Inhalten und Kommunikationsstrategi en. Durch die Integration von KI können Experten in diesen Berufsfeldern ihre Effizienz steigern und leichter innovati ve Lösungen entwickeln. Die wahre Chance liegt m.A. nach in der Verschmelzung von menschlichem Ta lent und der KI-Technologie. Publizisten können KI-generierte Texte als Grund lage verwenden und darauf aufbauend ihre Expertise einbringen, um sie zu verfeinern und an die Markenidentität anzupassen. Kreative können KI-gene rierte Ideen als Ausgangspunkt verwen den und dann ihre künstlerische Intui tion nutzen, um noch beeindruckendere Designs zu schaffen. Grafiker können KI nutzen, um Designs zu beschleunigen, während sie ihren unverwechselbaren Stil beibehalten. Zusammengefasst, ich sehe Prompt Engineering nicht als Bedrohung für
Kommentar von Gerhard Günther
wiesen sind, wie Publizisten, Kreative und Grafiker? Die Hauptgefahr sehe ich darin, dass die Präsenz von KI-gesteuerten Tools in den Augen der Kund:Innen die Notwendig keit menschlicher Expertise in Agenturen in Frage stellen könnte. Wenn ein KI-Mo dell mühelos Texte oder Designs erstellen kann, könnten einige glauben, professi onelle Agentur-Leistungen einfach selbst in-house abwickeln zu können. Automa tisierte KI-Lösungen könnten zu einer Abwertung von Agenturen und deren Berufsfeldern sowie möglicherweise zu einem Arbeitsplatzabbau führen. Auf der anderen Seite dürfen Agentu ren KI nicht als Bedrohung betrachten, sondern als Werkzeug nutzen, um die eigenen Fähigkeiten zu erweitern. Kre ativität, Strategie und menschliche Per spektive sind nach wie vor unverzicht
dem Flaschengeist in der Wunderlampe zu sagen, was er tun soll. Es ermöglicht, KI-Modelle und Tools wie GPT-3, Dall-E, Midjourney oder Stable Diffusion dazu zu bringen, spezifische Aufgaben zu er füllen, von der Text- bis Bilderstellung hin zu kompletten Datenaufbereitungen, indem man die richtige(n) Frage(n) stellt. PE hat zweifellos einen Hype ausgelöst. Unternehmen und Forschungseinrich tungen setzen vermehrt darauf, um KI Modelle für verschiedene Aufgaben zu trainieren und einzusetzen. Innerhalb von Sekunden können beeindruckende Texte, Inhalte oder Grafiken generiert werden, was zu einer beträchtlichen Ef fizienzsteigerung führt. Doch welche Gefahren aber auch Chan cen bedeutet dieser Fortschritt für uns in Agenturen bzw. für Berufsfelder, die auf Kreativität und Fachwissen ange
In der sich ständig wandelnden Welt der Technologie hat das Konzept des „Prompt Engineering (PE)“ in der KI Gemeinschaft für Aufsehen und in Agenturen für Sorgenfalten gesorgt. Während diese Methode zweifellos eine Revolution darstellt, wie wir mit künst licher Intelligenz (KI) interagieren, wer fen ihre Auswirkungen auf die Berufs felder in Agenturen Fragen auf: Wird PE das Ende von Publizisten, Kreativen und Grafikern einläuten oder neue Chancen eröffnen? Was ist Prompt Engineering überhaupt? Ein Konzept zur Verarbeitung natür licher Sprache (NLP), also die Kunst der präzisen Formulierung von Anwei sungen, sogenannten „Prompts“, um KI-Modelle gezielt zu steuern – quasi
Gerhard Günther, CEO & Co-Foun der Digitalsunray Media © 3x
Made with FlippingBook - Online magazine maker